Sonntag, 30. März 2014

Rezension ‚Die Farbe Blau‘


Amsterdam im 17. Jahrhundert.

Der erfolglose junge Maler Cornelis Suythof verdient sein Geld als Wärter in einer Zuchtanstalt für Männer und ihre jüngsten ‚Neuzugänge‘ in der Dunkelzelle bereiten ihm Kopfzerbrechen. Es sind ehrenvolle Bürger, die doch ihre Nahestehenden bestialisch ermordet haben und in beiden Fällen ist ein Gemälde im Spiel, das in einem intensiven Blau gehalten ist.
Der Stil des Bildes erinnert Cornelis an Rembrandts Werke und doch wieder nicht - weiß er doch, dass der alte Meister ein Leben lang beim Malen auf die Farbe Blau verzichtet hat.
Als Cornelis` Freund ein Opfer des „Todesbildes“ wird, nimmt er die Ermittlungen in die eigene Hand und gerät daraufhin in das weit verzweigte Netz einer Intrige, dessen Ausmaß die ganze Stadt bedroht.

Ein Buch, das sich absolut dazu eignet, regelrecht verschlungen zu werden.

Zuerst war ich etwas verschreckt, weil der Schreibstil für mich nach den letzten drei Büchern, die ich in mich reingeprügelt habe, eine absolute Umstellung bedeutete. Ich hatte mich ja nun gerade an die kurzen und abgehackten Sätze eines Profikillers gewöhnt und war positiv überrascht, wie leicht sich an Kastners Schreibstil einzustellen war. Denn trotz der ‚gehobenen‘ Sprache, versteht es der Autor mit wenigen Worten eine packende Atmosphäre zu schaffen.

Die Geschichte entwickelt sich zügig und liest sich, wie schon erwähnt, wie von selbst weg. Die Titel der einzelnen Kapitel sind verheißungsvoll genug, dass man meistens gar nicht anders kann, als weiterzulesen, um dem nächsten Geheimnis auf die Spur zu kommen.

Besonders dankbar war ich für den passiven Dialog mit dem erfolgreich nervige Wiederholungen vermieden wurden und der den Platz für die wesentlichen Dinge in den Gesprächen freigehalten hat.
Zu Anfang springt hier und da die Zeitform zwischen Vergangenheit und Gegenwart und auch wenn das durchaus nachvollziehbare und logische Gründe hat (z.B. ein Gebäude, das es immer noch gibt) hat es mich im Lesefluss doch etwas gestört.  Aber im späterem Verlauf des Buches ist mir das nicht mehr begegnet, ebenso wenig wie die kleinen Setzfehler, die sich hier und da eingeschlichen haben. 

Das Setting war hervorragend ausgearbeitet und wie schon erwähnt dafür doch angenehm zügig geschildert. Das düstere Amsterdam des 17. Jahrhunderts läd in seinen Kaschemmen zum Trinken ein und lockt mit allerlei farbenfroher, wenn auch nicht selten äußerst heimtückischer Bekanntschaft. Ich habe während des Lesens ein hohes Maß an Frustration aufgebaut, weil ich mich nur allzu gern über die ungeheuerlichen Zustände und ‚Gesetze‘ der damaligen Zeit eschauffiert habe – und ich glaube, der Protagonist teilt meinen Schmerz. 

Ich konnte das Leid des erfolglosen Malers als Zeichner nur allzu gut nachempfinden und mich deswegen entsprechend gut in den Hauptcharakter einfühlen, der in der Ich-Form erzählt. Die Charakterentwicklung gefiel mir besonders gut, denn die Erlebnisse formen nach und nach ein nachvollziehbares Selbstbewusstsein, das nicht übersteigert wirkt, aber mit dem der Protagonist mit gebührlichem Enthusiasmus voranschreitet.  

Dabei geht unser Maler mehr als einmal buchstäblich durch die Hölle und man fragt sich nicht selten, welches Entkommen es diesmal aus seiner ausweglosen Lage geben kann.   
Nicht selten habe ich mich an einigen Stellen an die Werke von H.P. Lovecraft erinnert gefühlt und Leuten, die dessen Geschichten auch nur eine Spur weit interessant finden, kann ich dieses Buch nur ans Herz legen. 
Was mich am allermeisten gefreut hat, ist dass Rembrandt persönlich in der Geschichte eine große Rolle spielt und auch als handelnder Charakter auftritt.

Ich gebe guten Gewissens eine Bewertung von 9/10.

Und kann euch nur viel Spaß beim Lesen wünschen.

Auf jeden Fall nehme ich einen bitteren, aber wahren Spruch aus der Geschichte für meine zukünftige Laufbahn als Künstler mit:
 
„Heute male ich gelb, morgen rot, doch immer bettle ich um Brot.“

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