Seit tausend Jahren ist die Welt nicht mehr dieselbe.
Täglich regnet es Asche, die Sonne leuchtet rot und in der Nacht ziehen
unheimliche Nebel herauf, die seltsame Geschöpfe bergen. Über diese Welt
regiert der Oberste Herrscher, der als unsterblicher Gott verehrt und gefürchtet (vor allem
gefürchtet) wird. Das Volk der Skaa wird versklavt, gequält und unterdrückt –
das Schlimmste aber ist, dass es sich seinem Schicksal ergeben hat und nicht
einmal mehr an so etwas wie Widerstand glauben konnte.
In dieser Welt, in deren Hauptstadt Luthadel, begegnen wir Vin, der Protagonistin. Sie lebt
auf der Straße, schlägt sich als Mitglied einer üblen Diebesbande durch und
erfährt nichts außer Prügel und Verrat. Dieses Leben hat sie hart und
misstrauisch gemacht und unempfänglich für Werte wie Vertrauen und
Freundschaft.
Als der begnadete Dieb und Rebell Kelsier sie für die wahnsinnige
Unternehmung ‚rekrutiert‘, das Reich zu retten und sich bereit erklärt, sie in
der Kunst der Allomantie zu unterrichten, wird ihr Leben gehörig auf den Kopf
gestellt. In seinem irrwitzigen Plan soll sie ausgerechnet eine Adlige spielen.
Also heißt es Rüschenkleider, Tischmanieren und Etikette. Und nachts streift
sie mit Kelsier durch den Nebel…
Sanderson schafft es wirklich, den Leser regelrecht in die
Welt hineinzuziehen, die er erschaffen hat. Obwohl diese Welt wahnsinnig
komplex ist, ist die Lernkurve beim Lesen sehr angenehm und ich hatte nie das
Gefühl mit zu vielen Informationen überschüttet zu werden.
Gemeinsam mit Vin
lernt man mehr und mehr über die Welt und auch über die Allomantie, einem Magiesystem,
das seine Kraft aus verschiedenen Metallarten zieht. Dabei unterscheidet man
zwischen den Allomanten, die nur ein Metall einsetzen können und denen, die fähig
sind, alle zu benutzen. Und obwohl sowohl Kelsier als auch Vin zur zweiten Kategorie
gehören und damit geradezu ungerecht stark erscheinen müssten, stellen sie sich
oft Gegnern, denen sie vollkommen unterlegen sind.
Ich habe es sehr genossen,
dass trotz all der Stärken auch gehörig mit Schwächen ausgeglichen wurde, die
logisch nachvollziehbar sind und mit denen ein hohes Maß an Spannung gehalten
werden kann.
Vin war mir nicht unbedingt sympathisch, aber ihre
Charakterentwicklung habe ich als sehr stimmig empfunden. Sie ist so sehr
bemüht, sich an ihre Umgebung anzupassen, dass sie dabei nie gelernt hat, sie
selbst zu sein. Sie scheut vor ihrer weiblichen Seite und davor, dass sie
genauso wie alle anderen geliebt werden will, weil sie glaubt, wenn sie diesen
Schwächen nachgibt, ist sie verloren. Sie trägt tiefe Konflikte mit sich herum,
denn obwohl sie als Skaa den Adel hassen müsste, gewöhnt sie sich doch an den
Prunk und die Feste und ist beeindruckt von der Schönheit der Festungen. Dabei
ist sie verzweifelt darauf bedacht, ihrer Rolle in Kelsiers Plan zu folgen,
obwohl sie nicht an einen Erfolg glaubt, weil sie Angst hat, sonst wieder genau
dort zu landen, wo sie hergekommen ist.
Kelsier, der die Rolle als Mentor und furchtloser Anführer
übernimmt, war mir hingegen auf Anhieb sympathisch. Er glaubt fest an das
Gelingen seiner Unternehmung, selbst als er Rückschläge und Verluste in Kauf nehmen
muss. Obwohl man ihn stets lächelnd antrifft, hat er dabei nicht unbedingt ein
sonniges Gemüt. In mancherlei Hinsicht ist er sogar viel engstirniger und in
sich gekehrter als Vin, aber gerade seine Schwächen und seine Nachvollziehbarkeit
haben mich eingenommen und mein Herz im Sturm erobert.
Mehrere Dinge haben mich positiv überrascht. Die Entwicklung
der Beziehung zwischen Kelsier und Vin hat mir wirklich gefallen. Nach und nach
wird er für sie zu einer Vaterfigur und jemandem, zu dem Vin wirklich
aufschauen kann. Die Zuneigung, die sie für einander empfinden, ist etwas sehr
zartes und zerbrechliches, gerade für die misstrauische Vin und Kelsier wird
durch die Verantwortung, die er Vin gegenüber entwickelt und nicht zuletzt
durch das Voranschreiten seines Plans allmählich erwachsen.
Ich gebe dem ersten Band eine Bewertung von 9/10.
Warum ich bei all den Lobgesängen trotzdem einen Punkt
abziehe? Gleich vorweg, es sind nur Kleinigkeiten. Aber Kleinigkeiten, die mich
einfach gestört haben. Zum Beispiel die unzähligen Wiederholungen einiger Sätze
bei den vielen vielen vielen Dialogen. ‚Er zuckte die Achseln‘, um nur ein
Beispiel zu nennen. Da hätte man vieles ein wenig eleganter lösen können.
Genauso ging es mir mit dem ständigen Herumgekichere. Die ganze Bande, die
Kelsier zusammengetrommelt hat, ist zwar ein fähiger, wenn auch durchaus
kindischer Haufen, aber das war mir einfach ein bisschen zu viel.
Die Kindle-Ausgabe des Buches strotzt vor Tippfehlern und da
ich das Buch in meinem Wahn laut vorgelesen habe, bin ich öfter deswegen ins
Straucheln gekommen. Manche Fehler wiegen so schwer, dass sie wirklich
unfreiwillig komisch werden…
Die Prophezeiungen von Terris. Mehr muss ich
dazu gar nicht sagen. Hat zwar für ein lang anhaltendes Lachen gesorgt, die
Dramatik aber effektiv zerstört.
Manche Rezensionen gehen soweit, zu sagen, dass das Buch
nicht für Erwachsene zu empfehlen ist, aber der Meinung schließe ich mich absolut
nicht an.
Ja, ich finde auch, dass die Charaktere hier und da ein wenig zu naiv
sind, insbesondere während den Dialogen, aber mehr als einen Punkt Abzug gibt
es dafür nicht. Genauso wie mich die Nebencharaktere – die oft als Kritikpunkt
angefügt werden – absolut überzeugt haben. Ich fand es genial, dass so wenig
auf sie eingegangen wurde und man trotzdem das Gefühl vermittelt bekommt, sie
zu kennen wie alte Freunde. Sanderson hat nicht einfach geschrieben, was für
einen Charakter jeder einzelne hat, sondern er hat sie durch Dialoge leben
lassen – ich persönlich empfand das als die bessere Herangehensweise.
Manchen könnte das Buch zu detailliert vorkommen, was die Erklärungen
der komplexen Magiesysteme und dem revolutionärem Pläneschmieden in
Brainstormingform betrifft, aber ich habe mich gerade deshalb als ‚Teil des
Teams‘ gefühlt, weil ich dem beiwohnen durfte, wie wichtige Entscheidungen
nicht nur getroffen wurden, sondern wie sie sich entwickelt haben.
Ich kann das Buch allen Fantasyfans nur empfehlen. Ich hatte
unheimlich viel Spaß daran, mit Kelsier über die Dächer und durch den Nebel zu
fliegen und mit Vin auf den Bällen zu tanzen.
Ich freue mich auf den zweiten Band, auch wenn ich wohl
wieder zwei Wochen brauchen werde, um ihn zu lesen.
Geiles Buch, geile Rezi.
AntwortenLöschenPS: Penis! XDD